🇨🇿 Diven treffen Europa. 4 Tage, knapp 400km Frauenradsport am Limit!
Aktualisiert: 1. Mai
Nationalmannschaften, Profis, Amateure. Insgesamt 25 Teams starten bei der 35. Gracia Orlova. Sie findet vom 27.04.-30.04.23 statt. Für unser Team nicht der erste Auftritt und keine Routine. 6 Newbies erreichen das gesteckte Ziel.
»Man kann viel, wenn man sich nur recht viel zutraut.«* So schreiben wir in den letzten Blogbeiträgen.
377km und mehr als 5000 Höhenemter über 5 Etappen absolvieren wir.
Das Ziel ist das Durchhalten, die Adaption eines professionellen Rennens, eine Mannschaftswertung und viel Lernen.
Teamauswahl
Aline Barre
Julia Koldörfer
Tanja Bischoff
Gökce Paul
Inka Tulowitzki
Paula Friebel | Gaststater RSV Chemnitz | Juniorin
Die Nominierung nimmt der Sportlicher Leiter vor.
Leitung und technischer Support:
Clemens Ludwig | Sportlicher Leiter
Norbert Falke | 2. Sportlicher Leiter | 1. RSC - Strausberg
Kajetan Papousche Mechaniker | Auszubildener Zweirad-Center Stadler Berlin GmH
6 Frauen mit 0 Erfahrung und ein Blick in die Startliste sind der Beweis: Es ist nicht einfach! Von 25 sind knapp 20 National- und Profimannschaften. Die Mischung sind UCI Women`s World Teams (max. 3), UCI Continental-Frauenteams, UCI-Cyclo-Cross-Profi-Teams, Nationalmannschaften, Regionale Mannschaften, Vereinsmannschaften und MIX-Teams. Und 6 Frauen, die noch nie ein Etappenrennen gefahren sind. Was für wunderbare ungleiche Voraussetzungen! Denn unschlagbar ist Teamgeist und Wille. Motivation schlägt Talent!
Genau deshalb sind wir hier. Wir sind Amateure, lernen, verkaufen uns teuer. Hier werden keine offiziellen Siege eingefahren. Hier werden persönliche Rekorde gebrochen, von den Profis gelernt. Und Dranbleiben! Unersetzbar unsere Teamleistung, Lernen und das Erlernte umsetzen. Schmerzen aushalten, Mannschaftsgeist und Willen stählen.

1. Etappe Strassenrennen 104 km
Start: 27.04.2023 13:00 Uhr. Es geht über 104,13 km von Orlova – Stramberk. Die "nur" 2200 Höhenmeter bringen einen Vorgeschmack auf die 2.Etappe. Das Wetter ist trocken bei lausigen 8°C und einem leichten Wind von 8 km/h.
Erwartungsgemäß setzen die Profis ihre Stärken um. Da bleibt wenig Raum für Akzente der Amateure. Es heißt Feld fahren. Das gelingt lange Zeit, trotz und gerade harter Anstiege und schneller Abfahrten. Das Peloton teilt sich immer wieder, zerfasert. Kein Zweifel, da tun sich Welten auf. Eine Spitzengruppe aus MAT Atom Deweloper, Swedish National Team und UAE Development Team kommen mit 37,6 km und nach 2: 45 : 50 in Ziel.

Tanja meint: "Super schneller Start. Ich bin in den ersten Kilometern nach dem Start nicht im Feld nach vorn gekommen, weil es einfach so viele Kurven gab und ich jedes Mal wieder heran sprinten musste. Bin auch immer weit über meiner Schwelle gefahren. Dann sind kurz vor mir fast welche gestürzt und da hab ich das Feld dann endgültig verloren. Hab noch versucht wieder heran zu kommen, aber meine Beine haben einfach nicht mehr mit gemacht. Bin dann mit 2 Tschechienen die restlichen 90 km ins Ziel gefahren, aber es hat halt nicht mehr gereicht."
„Wenn du alles gibst, kannst du dir nichts vorwerfen.“ * Dirk Nowitzki
Tanja erreichte in dieser Etappe absolute und bisher nicht erreichte Bestwerte.
2. Etappe Strassenrennen 100 km
Start: 28.04.2023 11:00 Uhr. Start und Ziel ist heute gleich: Von Lichnov über 100 km zurück. Es sind 1.700 m Höhenmeter zu überwinden.
Nach 2.500 Höhenmeter und einem Schnitt von knapp 35 km/h kommen die Spitzengruppe mit den Teams UAE Development Team, MAT Atom Deweloper Swedish National Team, GT Krush Rebelease Pro nach 2: 52h ins Ziel. Dem folgt kleine Gruppen bis dann das Hauptfeld mit knapp 14 Minuten Rückstand einläuft. In diesem Feld ist unsere heute beste Fahrer Inka. Alle 4 Fahrer erreichen das Ziel.

Paula meint: "Nach nicht mal 24h ging es schon wieder weiter. Mit Ausschlafen war da auch nichts, da es schon 07:00 Frühstück gab. 08:00 war Abfahrt. Bei der zweiten Etappe standen 99,8km mit 1.750hm auf dem Plan. Angekommen, Parkplatz gesucht, Toilette gesucht, umgezogen und Einschreiben. Danach ging es auf die Rolle.
11:00 Start -”Frechheit siegt“- sagte Clemens, also standen wir fast ganz vorn an der Startlinie. Der Schuss ertönte und es ging los. In der ersten Kurve waren wir noch vorn, dann wurden wir aber wieder in die hintere Hälfte des Feldes gespült.
Es ging los mit einer 10km Runde in Lichnov. Nach den ersten 6km gab es die ersten Crashs. In einen davon war auch Gökçe verwickelt, aber nach schnellem Lenker richten ging es auch für sie weiter. Nach 15km kam der erste Berg, knapp 20km und von 380hm auf 1010hm. Inka und ich haben uns zusammen da hoch gequält. Selbst als sie hinter mir anfing
“Dancing in the moonlight”
zu singen konnte ich schon nicht mehr lachen. Oben angekommen, ging es wieder bergab. Die Abfahrt bestand aus Serpentinen mit steilen Kurven und teilweise Split auf dem Asphalt. Inka konnte an der Gruppe, die sich kurz vor der Bergankunft gebildet hatte, dran bleiben, ich bin leider gegen Ende der Abfahrt abgefallen. Unten angekommen, ging es erstmal flach weiter. Zu diesem Zeitpunkt kam auch Clemens zu mir und sagte, ich solle auf die Gruppe warten, die kurz hinter mir gefahren kommt. In der Gruppe war auch Gökçe. Nach 35km spürte ich ordentlich meine Beine. Ich war platt vom Vortag und von dem ersten Berg und kurz vorm Hungerast. Leider konnte ich die Gruppe wieder nicht halten und bin abgefallen. So wie ich abgefallen bin, kam Clemens zu mir und meinte, es komme noch eine letzte Gruppe und da müsse ich dann dran bleiben. In der Gruppe war auch Aline, die mich immer motiviert hat, dran zu bleiben.
Langsam wirkte auch der Riegel und das Gel und ich hatte wieder etwas mehr Kraft. Die wurde aber, bei dem zweiten Berg, fast komplett aufgebraucht. Denn es waren nochmal knapp 10km und von 480hm auf 890hm. Ich konnte die Gruppe halten und oben angekommen, kam wieder eine Abfahrt. Das ganze hoch und runter kam dann noch zweimal. Einmal knapp 5km mit 350hm und nochmal 3km mit 140hm. Unterwegs sammelten wir Gökçe wieder ein, die von der vorderen Gruppe abgefallen war. Aline konnte sich mit einer weiteren Fahrerin auf den letzten 10km nochmal absetzen, meine Gruppe ist dann mit 19min Rückstand zur Ersten ins Ziel gerollt.
Zusammengefasst war das für mich die anstrengendste Etappe und ich konnte viel lernen und Wettkampfkilometer sammeln."
3. Etappe Einzelzeitfahren 13,5 km
Heute 29.04.2023 geht´s über 2 Etappen. Zunächst starten wir 9:00 Uhr mit dem Einzelzeitfahren. Es sind 13,5km auf der Autobahn von Havířov nach Ostrava, dann eine Spitzkehre und zurück. Unsere Sportliche Leitung legt in Absprache mit Göksche fest, dass sie die Rundfahrt nicht weiterfahren wird. Die Folgen der Sturzverletzung 2. Etappe lassen eine andere Entscheidung nicht zu.

Zeitfahren ist ein Materialfrage und die Materialwahl. Je nach Windverhältnissen kommen Scheibenrad und Vorderräder mit hohen Felgen zum Einsatz. Das bringt das entscheidenen Mehr an Geschwindigkeit. Das Team verfügt nicht über eine vollständige Anzahl von hochwertigen Zeitfahrrädern. Wir improvisieren mit dem Umbau von Rennrädern, ergänzen mit Scheibenrädern und Vorderrädern mit hohem Profil.
Aline spielt ihr ganzen Können beim Einzelzeitfahren aus. Die Profi- Spitze im Blick trennen nur 01:59 min zum Platz 1. Aline absolviert die 13, 5km in 0:19:53 und ist damit Platz 81.
4. Etappe Strassenrennen 58 km
Es ist der 2. Wettkampf heute am 29.04.2023. Das Strassenrennen über 58km und 487 Höhenmeter startet um 15:30 Uhr. Es gibt eine Anfahrt und dann wird auf einer 10,45 km Runde gefahren.
Die 2. Tageshälfte steht das 3. Strassenrennen an. Und wieder ist das Tempo mit 37,4 km/h verdammt hoch. Bester Fahrer ist unser Gaststarter Paula. Sie kommt 1:52 min nach der Spitze an. Von 150 Fahrern sind nur noch 119 im Rennen, von 25 Teams nur noch 23.
Wheel Divas sind bisher im Plan: Erzielung einer Mannschaftswertung und damit Durchhalten!
5. Etappe Strassenrennen 101 km
Die Schlussetappe geht über 101,6 km. Start ist 10:00 Uhr. Die Mannschaft ist hochmotiviert, daß Ziel zu erreichen.
101km stehen als Schlussetappe auf dem Programm. Inka ist unsere beste Fahrerin mit Platz 75 und einer Zeit von 2: 51h. Inka, Paula, Aline erreichen als Mannschaft das Ziel. Der Rückstand auf die heute beste Fahrerin Domini WŁODARCZYK | UCI Team MAT Atom Deweloper beträgt nur 03 : 28 min. Ein sehr gutes Ergebnis. Zeigt es doch wie minimal die Abstände sind, auch wenn sie in Summe dann 34 Minuten ausmachen.
Die Hälfte der Mannschaften arbeiten auf demselben hohen Niveau, auf Profilevel. Danach werden die Abstände größer. Das Maß wird bestimmt durch Erfahrung, Alter, Trainings- und Wettkampfleistung, Infrastruktur. Damit sind wir der Außenseiter, der outsider: 6 unerfahrende Frauen behaupten sich gegen europäische Top-Mannschaften. 103 von ursprünglich 150 Startern erreichen das Ziel oder anders: 30% erreichen die 5. Etappe nicht. 4 von 25 Teams werden nicht in die Gesamtwertung aufgenommen.
Wir sind happy und sehen das Potiential.
Die Stimmung ist wie immer sensationell.


Ziel erreicht, so Sportlicher Leiter Clemens Sonntag 13:13 Uhr.
Inka, Aline und unser Kücken Paula finalisieren mit der 5.Etappe das Unglaubliche. Wir sind alle mächtig stolz! Die Auswertung nimmt nun einige Tage in Anspruch. Analysen, Auswertungen, Gespräche, Einschätzungen. Am Ende eine schon fast sicher feststehende Erkenntnis: Die Fahrer wachsen über sich hinaus, überschreiten Grenzen. Und so sehr das freut, bleibt die nüchternde Erkenntnis: Wollen wir vorn mitmischen, brauchen wir ein Profiteam. Dieser Status gilt vor allem für die Fahrer. Sie, die Frauen müssen sich frei von sonstigen Sorgen fokusieren. Sie brauchen Zeit für die Entwicklung. Den Willen, ja den Willen haben sie ja bereits unter Beweis gestellt. Motivation schlägt jedes Talent! Und deshalb ist jede Frau bei dieser 35. Gracia Orlova Rundfahrt über sich hinaus gewachsen.
Gratulation an Aline, Julia, Tanja, Göksche, Inka, Paula! Die Leistungen zeigen, ihr habt Grenzen überschritten! Viele persönliche Bestwerte sind erreicht! Glückwunsch an den Staff mit Clemens, Nobert und Kajetan für die Betreuung. Das ist alles sehr professionell, das ist Spitze!
Weitere Fotos u.a. hier
Gracia Orlová ist ein Etappenrennen im Frauenradsport, das seit 1987 in der Tschechoslowakei bzw. seit 1993 in Tschechien ausgetragen wird. Insgesamt werden 377km über 4 Tage und 5 Etappen gefahren

In 2023 sind folgende Teams dabei:
GT Krush Rebellease
Hess Cycling Team
Fenix – Deceuninck Development
Team Grand-Est Komugi La Fabrique
MAXX SOLAR ROSE women racing
Team Dukla Praha
National Team Austria
National Belgian Cycling Team
Estonian National Team
Polish National Team
Swedish National Team
National Team Uzbekistan
Brilion Racing Team MB mix team
JEGG-DJR Academy
Grouwels – Watersley R+D Cycling Team
One World Team
RRK group PierreBaguette Benzinol development
Team Interklima – ABC Copenhagen
Team Stuttgart
Tufo Pardus Prostějov mix
Wheel Divas Cycling Team
WV Schijndel Women
NWVG Uplus
Das erste Rennen fand vom 11.4.-13.4.1987 über nur 115km statt. Gewonnen hat Angela Ranft | DDR vor Petra Rossner | DDR. Beide Frauen sind Vollprofis.
„Talent gewinnt das Match, aber Teamwork und Intelligenz gewinnen die Meisterschaften.“*,
* Michael Jeffrey Jordan (* 17. Februar1963 in New York City, New York) ist ein ehemaliger US-amerikanischer Basketballspieler, Baseballspieler, und heutiger Unternehmer und Mehrheitseigentümer der Charlotte Hornets.